Antworten auf
Leserfragen
(ab Mai 2016)
LIEBE LESERINNEN UND LESER
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an meiner Forschungsarbeit und bin gerne bereit Ihre Fragen zu beantworten. - Die Antworten erfolgen auf religionspsychologischer Basis und auf der Grundlage der katholischen Lehre. Bei der Auswahl der Fragen gehe ich mit Vorliebe auf Themenbereiche ein, die uns tiefer in das Wesen und Schönheit des Katholizismus eintauchen lässt. Je nach Eingangsdatum werden die Fragen sortiert und bearbeitet. (Hinweis: Ab und zu verwende ich im inhaltlichen Kontext auch lateinische Zitate. Dabei stütze ich mich vorwiegend auf den Theologen und erfahrenen Seelsorger Peter Ott, der in den 40ern Jahren wirkte.)
Auswahl der Fragen:
1. (Hugo) Kann man an etwas glauben und dann das Gegenteil tun?
2. (Judith) Motivation oder der Wille. Was ist wichtiger bei Gotteserkenntnis? Ist Gott eine Idee?
3. (Stephan) Was ist gefühlte Wahrheit?
4. (Agnes) Was soll man tun, wenn man versucht wird?
5. (Madelen) Wozu nützen heute die Tugenden? War es früher anders?
6. (Albert) Alle reden von der Integration der Ausländer. Was ist katholische Integration?
7. (Albert) Ist Unbeherrschtheit eine Sünde?
8. (Moritz) Sind Ungläubige von der Gnade ausgeschlossen? Wie wirkt sich Gnade konkret aus?
9. (Katrin) Viele reden von „Opferbringen“. Welche Opfer soll ich Gott bringen?
10. (Anita) Gibt es eine Hierarchie im Himmel?
11. (Kurt) Sind emanzipierte Frauen gottesfürchtig?
12. (Heidi) Gibt es eine Macht der Zunge?
13. (Klara) Ist das Fegefeuer eine Legende?
14. (Johanna) Jesus sagt, wir sollen vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel. Wie geht das?
15. (Fabian) Man sagt, die Wahrheit wird uns frei machen. Können Sie uns ein Beispiel dafür geben?
16. (Klara) Ist Heiligkeit eine Schwerarbeit?
17. (Elisabeth) Ist der Glaube an sich selbst unchristlich? Jesus verlangt Selbstverleugnung.
18. (Hildegard) Ich bete viel, trotzdem falle ich immer wieder in meine alten Fehler zurück. Warum?
20. (Lara) Wie ernst steht es mit dem Ende der Welt?
21. (Eduard) Wo beginnt Heiligkeit?
22. (Clementine) Kann Bildung ein Hindernis zum Glauben sein?
23. (Gerd) Kann Kirchenmusik die Andacht vertiefen?
24. (Patrik) Woran erkennt man, was einem der Glaube bedeutet?
Bitte beachten: Neue Antworten auf Leserfragen werden in die Serie "Wo und wie findet man die Weisheit? " integriert. (Siehe dazu mehr auf der Portalseite)
Ich
bin reformiert. Im Glaubensbekenntnis der Katholiken heisst es unter anderem:
„Ich glaube an die heilige katholische Kirche…“usw.
Wenn die katholische Kirche heilig ist, warum begehen dann gewisse ihrer
Repräsentanten, aber auch manche streng Gläubige, Handlungen, die diametral der
Lehre der Kirche entgegengesetzt sind? Kann man an etwas glauben und dann das
Gegenteil tun? Ich denke hier an Liebe, Vergebung, Geduld und selbstlose
Hilfsbereitschaft.
Antwort: Ja, das kann man leider! Solche Verhaltensweisen haben nichts mit der Lehre der Kirche zu tun, sondern mit der unreifen Religiosität des Betroffenen. Sie besteht darin, dass man zwar die Satzungen und Gebote der Kirche kennt, doch die nötige geistige Kraft nicht aufbringt (entweder weil man es nicht kann oder will), um sich zu ändern. Einfach gesagt: Der Wunsch nach Befriedigung der eigenen Bedürfnisse (Macht, Geltungsdrang, sexuelle Triebhaftigkeit oder ähnliches) ist stärker als die Sehnsucht nach Gott. Der verinnerlichte Glaube ist anders. Er durchdringt das Denken, Wollen und Handeln des Betroffenen und hilft ihm trotz des öfteren Scheiterns sich aufzuraffen und neu mit der Liebe zu Gott und dem Mitmenschen zu beginnen. Das lehrt im Wesentlichen die Kirche.
Motivation oder der Wille: Was ist wichtiger bei Gotteserkenntnis? Ist Gott eine Idee?
Antwort: Der Wunsch allein, etwas zu verändern, genügt nicht. Denn auf die Motivation kann man sich nicht verlassen. Sie hängt jeweils von unserer Gefühlslage (Stimmung) ab. Und Gefühle sind sowohl von positiven wie auch von negativen Ereignissen beeinflussbar. Zum Beispiel, schlechtes Wetter, gutes Nachtessen, ein erfolgreicher Tag, Misserfolge, usw.
Verlässlicher als die Motivation ist die Willenskraft. (Roy Baumeister) Aber wie ein Muskel, ermüdet auch die Willenskraft, wenn sie überstrapaziert wird. Baumeister sagt: Wenn wir unsere Willenskraft ausgeschöpft haben, zum Beispiel indem wir viele Entscheidungen getroffen haben, kann die sogenannte „Ego-Depletion“, Selbsterschöpfung entstehen. Das Gehirn reagiert dann träge und beginnt unangenehme Aufgaben zu meiden. Die Selbstregulation, beziehungsweise die Kontrollinstanz des Gehirns funktioniert nicht mehr gut. Wir machen Fehler. Es ist besser den Weg der „kleinen Schritte“ täglich zu gehen, als zu viele, die uns ermüden. Johann Wolfgang von Goethe sagt: „Es bleibt einem immer noch so viel Kraft, das auszuführen, wovon man überzeugt ist.“
Gotteserkenntnis aus Diesseitsperspektive. Oder wenn Gott nur eine Idee ist.
Der Religionswissenschaftler Stephen Prothero sagt: „Was ich auf dieser Welt an Hölle erlebt habe, ging stets auf den Wunsch zurück, ich wäre anderswo – wenn ich wünschte, die Menschen die ich liebte, wären anders, als sie sind, oder die Welt wäre anders, als sie ist. Und wann immer ich Paradiesisches erlebte, dann, weil es gelang, mir diese Menschen, so fehlerhaft sie auch schienen, und diese Welt , so beschädigt sie auch ist, zu meinem Zuhause zu machen“ (S.P. ist Professor an der Universität Boston).
Kommentar: Für Prothero ist Gott, das geht aus seinen Schriften hervor, nur eine Idee. So denken auch viele Menschen. Eine Idee ist aber nur ein menschlich-geistiges Produkt (wie viele Ideen auch) und hat nicht die Kraft die göttliche Wahrheit (dass Gott existiert) spürbar zu erkennen. So eine Kraft kann nur von DEM kommen, der nicht nur eine Idee ist, sondern direkt erlebbar, wie JESUS von seinen Jüngern erkannt worden ist. Sie waren Zeugen seiner Worte und Taten, wie wir auch Zeugen gewisser Ereignisse sind.
In den Worten Protherors ist ein rein humanistisches Gedankengut zu erkennen, das den Menschen an dieStelle Gottes setzt und ihn allein –trotz seinen Fehlern-, lieben will. Gott wird in diesem Konzept auf eine Idee reduziert. In eine solche Lebenseinstellung nistet sich eine tief melancholisch-depressive Stimmung ein, ohne Hoffnung auf das, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Nämlich „Was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und keinem Menschen im Sinn gekommen ist“. (PAULUS)
Was ist gefühlte Wahrheit?
Antwort: Vorab: Was ist Wahrheit? Das hat schon Pontius Pilatus, römischer Statthalter von Judäa (Lk 3,1) Jesus gefragt.
Nun, es gibt Alltagswahrheiten, wie handeln, gehen, debattieren, lesen, erleben, streiten, usw, die je nach Situation und aktuellen Bedürfnissen wahrgenommen werden, etwa nach dem philosophischen Axiom des „Cogito ergo sum“ (ich denke, also bin ich, von R. Déscartes). Diese Alltagswahrheiten sind aber unseren Stimmungen, Entscheidungen, Wünschen, Umständen, unserer Logik und Zielen unterworfen. Sie wechseln sich ständig ab.
Wenn JESUS aber sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, meint er folgendes: Weil er das fleischgewordene Wort Gottes (der Sohn Gottes) ist, hat er die Machtkompetenz, dem sterblichen Menschen das ewige Leben zu geben und zwar, wem er will. Diese Wahrheit kann aber nicht von jedem geglaubt werden. Sie ist so tief und komplex, so anders als die Alltagswahrheiten, dass sie nur mit dem Geist Gottes, der keiner Veränderung unterworfen ist, erfahrbar ist. Doch man kann darum beten. Tut man das oft und mit Hingabe, könnte man etwas Erstaunliches erleben: Nämlich, dass die Betrachtung und Verinnerlichung der Worte Jesu eine emotionale Distanz schafft zu allem, was sittlich-moralisch nicht in Ordnung ist. Was gewinnt man dabei? Ein weises Herz und einen „neuen“ Geist. Einen Geist, der das Gute liebt, wohlwollend auf andere achtet, liebend, feinfühlig, beweglich, scharf, fest, sicher und einzigartig ist.
Das, denke ich, ist gefühlte Wahrheit.
Was soll man tun, wenn man versucht wird?
Antwort: Versucht werden vielfach Menschen, die sich bemühen Gottes Willen zu erforschen, seine Gebote zu erfüllen, zur Beichte gehen und sich in Tugenden üben, wie Geduld, Güte, Rücksicht, Hilfsbereitschaft und dgl.
Auch die Heiligen wurden versucht, sogar sehr heftig. Ihr Umgehen damit könnte uns ein Beispiel geben, wie wir uns verhalten sollen. Siehe hierzu eine Eintragung der heiligen Faustyna Kowalska aus ihrem Tagebuch, ein Jahr vor ihrem Tod (1938):
„Seelendunkel. Heute ist ein Feiertag der Muttergottes und in meiner Seele herrscht Dunkelheit. Der Herr hat sich verborgen und ich bin ganz allein. Mein Verstand ist so verfinstert, dass ich um mich nur Gespenster sehe. Nicht ein einziger Lichtstrahl dringt in meine Seele ein; ich verstehe mich selbst nicht mehr und nicht diejenigen, die zu mir sprechen. Was den Glauben betrifft, bedrücken mich furchtbare Versuchungen…Die Versuchungen kann ich nicht im Einzelnen aufschreiben, denn ich fürchte, sie könnten dem zum Ärgernis werden, der sie liest. Ich wundere mich, dass über meine Seele solche Qualen kommen können können…Die ganze Nacht verbrachte ich mit Jesus in Getsemani. (Gemeint ist das Erdulden der gleichen Leiden wie Jesus im Ölgarten)…O Jesus, ich wusste nicht, dass es diese Art Leiden gibt…O Jesus rette mich, ich glaube an Dich von ganzem Herzen…wo bist du jetzt?...Doch die Finsternis weicht noch nicht, mein Geist versinkt in einem noch grösseren Todeskampf. In dem Augenblick erfasste mich eine so fürchterliche Qual, dass ich mich jetzt wundere, nicht meinen Geist aufgegeben zu haben. Das war aber nur ein kurzer Augenblick.
Da erblickte ich Jesus. Aus seinem Herzen gingen zwei Strahlen hervor, die mich ganz umfingen. In dem Augenblick verschwanden meine Qualen. - „Meine Tochter“, sagte der Herr, „wisse, was du jetzt erlebt hast, das bist du aus dir selbst. Erst durch meine Gnade bist du Teilhaberin am ewigen Leben und an allen Gütern, die Ich dir reichlich schenke…Die Versuchung gibt Gelegenheit, Mir Treue zu erweisen“.
Sr. Faustyna schreibt weiter im Tagebuch: „Mit diesen Worten des Herrn kam die wahre Erkenntnis meiner selbst. Jesus gibt mir die Lehre einer tiefen Demut und zugleich die eines restlosen Vertrauens auf Ihn.“ (Auszug, Paragraph 1558)
Kommentar: Hier wird deutlich, dass wir aus uns selbst schwach sind und dass wir bei einer Versuchung solcher Intensität uns mit aller Kraft an den Glauben „klammern“ müssen. Daraus wächst aber das Vertrauen; beide, Glauben und Vertrauen, sind Komponenten einer echten Demut, ohne die, Gott nahe zu kommen, unmöglich ist. Doch die Erfahrung zeigt, wie auch bei Sr. Faustyna, dass wir, obwohl wir gläubig sind, unserer „Nichtigkeit“ (vor Gott) nicht ganz bewusst sind. Wenn wir jedoch diese „Wirklichkeit“ erkannt haben und mit ihr bewusst leben, haben wir eine Stufe der Selbsterkenntnis erreicht, die uns in jeder Versuchung daran erinnert, dass Gott niemals erlaubt, dass Menschen, die auf ihn vertrauen, über ihre Kräfte versucht werden.
Wozu nützen heute die Tugenden? War es früher anders?
Antwort: Die Tugendhaftigkeit im tieferen Sinn ist mehr als ein „braves“ Benehmen, korrekte Erfüllung der Standespflichten, Kenntnis von Moralregeln, höflicher Umgang mit Mitmenschen, Ehrgeiz, Eifer und dgl.
All diese Eigenschaften haben etwas Zwanghaftes an sich, wenn sie nicht aus tiefer Überzeugung geschehen. Sie sind praktisch und nützlich, man kann sie bei vielen Menschen beobachten. Sie dienen hauptsächlich der Selbstachtung und der sozialen Anerkennung. Ich nenne sie deshalb „Scheintugenden“. Der Grund: sie passen sich zwar in kluger Weise an die verschiedene Verhältnisse an, doch nicht aus „Hochherzigkeit“, sondern aus Berechnung oder manchmal aus Not. Sie sind, wie ein schönes Kleid, das man tagsüber trägt, doch sobald man Zuhause ist, legt man es ab, weil es unbequem ist. Sie decken etwas zu, was man noch nicht hat: eine Gesinnung, die einem von sich selbst (also ohne „muss“) zur Entfaltung des Guten treibt. Ganz einfach, weil man das Gute liebt. Hier liegt der Kern zur Strebung nach Tugenden.
Und wie war es früher? Wurden die sittlich-moralischen Werte höher geschätzt als in der heutigen Zeit der Freizügigkeit? Ja, aber vielfach heuchlerisch. Insbesondere in den adligen und gebildeten Kreisen. Ein historisches Beispiel: Als Friedrich Schiller in Weimar eintrifft (Juli 1787), ist der Dichterfürst J. W. von Goethe gerade in Italien. Er wird von der Herzoginmutter Anna Amalia zum Tee auf ihren Landsitz in Tiefurt eingeladen. Den Herzog Carl August trifft er nicht. Auch die adlige Intellektuelle und Musenförderin Charlotte von Kalb weilt mit ihrem kleinen Sohn seit Juni 1787 in Weimar. Schiller findet eine Situation vor, in der erotische Freizügigkeiten möglich sind. Der Ehemann von Charlotte von Kalb ist nur selten anwesend, und in Weimarer Hofkreisen war nicht nur geduldet, sondern geradezu an Tagesordnung, dass emotional und sexuell frustrierte Frauen sich einen Liebhaber zulegten. Charlotte von Kalb wurde die Liebhaberin von Schiller. (Vgl. Volker C. Dörr, 2OO5)
Wem nützen die Tugenden?
Verinnerlichte, beziehungsweise „einverleibte“ Tugenden, sind wie ein schönes inneres Gewand, das man nie ablegen muss, weil es sowohl den Besitzer, als auch seine Umgebung erbaut. Sie sind „Liebesbeweise“ an Treue, Zuverlässigkeit, Freundschaft, Rücksicht, und vor allem (für Christen) an Jesus Christus, dem Lehrer aller Tugenden. Er selber sagt es: „Wer mich liebt, hält meine Gebote“ (Vgl.Joh. l4,23) In diesem Sinne ist für mich, dieser, von Jesus erwünschte Weg, die höchste und erhabenste Tugend.
Alle reden von der Integration der Ausländer. Was ist katholische Integration?
Antwort: Eine interessante Frage. Sie beinhaltet eine neue Wortschöpfung, aus der sich eine neue Sinnschöpfung ableiten lässt. Integration ist zunächst ein soziologisches Gesetzesbegriff (von lat. integrare) und bedeutet, sich erneuen, ergänzen und anzupassen. In psychologischem Sinn handelt es sich um einen geistigen Prozess, bei dem unterschiedliche, gute, weniger gute und schlechte Charaktereigenschaften sich gegenseitig durchdringen, zwecks einer harmonischen Vereinheitlichung. Solche Menschen nennt man auch „sozialintegriert“ und vielseitig. Christliche Integration ist aber mehr.
Auf der Suche nach einer Antwort auf die oben gestellte Frage, wurde ich beim Thomas von Kempten (gestorben 1471), ehemaliger Subprior des Klosters Agnetenberg bei Zwolle, Verfasser des bis heute berühmten geistig-erbaulichen Buches „Von der Nachfolge Christi“ (De imitatione Christi), fündig.
Im Kern geht es um folgendes: Jesus sagt: „Wer mir nachfolgt, wandelt nicht im Dunkel“. (Joh 8,l2) Im Dunkel wandeln wir, wenn wir uns zwar nach aussen hin anpassen, sei es in der Gesellschaft, auf dem Arbeitsplatz, in der Ehe, Familie und so fort, nicht aber innerlich an Jesu Lehre und Leben. Thomas von Kempten schreibt, Christi Lehre will gelebt werden. Doch, es ist nun einmal so: Viele hören seine Botschaft, spüren aber nur geringes Verlangen ihm nachzuahmen. Thomas sagt: „Lieber möchte ich den Schmerz der Reue spüren, als ihre Definition kennen.“ Eine solche tiefe seelische Wachsamkeit führt meiner Ansicht nach zur besten katholischen Integration, deren Quintessenz sich in folgenden Worten (nach Kempten) ausdrücken lässt: „ Siehst du jemanden offenkundig sündigen und sich schwer vergehen, du dürftest dich dennoch nicht für besser halten. Denn du weisst nicht, wie lange du im Guten verharrst.“
Mit anderen Worten: Uns allen haftet etwas Unvollkommenes an, unser Denken ist nie frei von einem gewissen Dunkel. Doch gerade diese Erkenntnis macht uns demütig und intergationsfähig, ich würde sagen, richtig katholisch.
Ist Unbeherrschtheit eine Sünde?
Antwort: Wir wissen es alle: Sünde ist etwas Böses. Aber woher wissen wir, was gut und was böse ist? Nun, das sagt uns die Stimme des Gewissens. Jeder Mensch hat ein Gewissen, doch es funktioniert nicht bei allen gleich gut. Wenn man sich zum Beispiel daran gewöhnt hat, auf die Stimme des Gewissens nicht zu hören, wird sie immer leiser, bis man sie überhaupt nicht mehr wahrnimmt. Auf diese Weise kann vieles, was vor Gott ethisch-moralisch nicht in Ordnung ist, als „normal“ empfunden werden. Auch die sieben Hauptsünden. Das sind: Hochmut (Hoffart), Habsucht, Geiz, Unkeuschheit, Neid, Unmässigkeit (Völlerei) Zorn und Trägheit. Es gibt auch lässliche Sünden: zum Beispiel, wenn wir andere zynisch provozieren, Gott und die Mitmenschen beleidigen. Aus der Gewöhnung an diese Sünden entstehen die Laster, wie auch aus der Gewöhnung an das Gute, die Tugenden.
Unbeherrschtheit ist eine Form der Ungeduld. Ungeduld gebiert aber Zorn. Im Zorn verhält man sich oft herablassend, beleidigend und desinteressiert für die Meinung des Anderen.
Nun es gibt auch Menschen, die die Ungeduld anderer zwar ertragen, aber nur in der Absicht, für ihren „Grossmut“ geehrt zu werden. Franz von Sales (1567-l622), ein Meister des religiösen Lebens, sagt: „Durch minderwertige Menschen bekrittelt zu werden, ist für den mutigen Charakter eine Verlockung; aber von den Guten verkannt und misshandelt zu werden, von Freunden, Verwandten -, dazu gehört etwas!“ So sagt zum Beispiel jemand: „ Es würde mir gar nicht ausmachen, beschimpft zu werden, wenn nur die Leute nicht meinten, ich hätte die Sache selbst verschuldet. Oder ein anderer würde sich gern eine Übel nachreden lassen, wenn er nicht fürchten müsste, man würde dem Schwätzer glauben.“
Diesen allen, so Franz von Sales, fehlt es an wahrer Geduld. Damit ist nicht gemeint, dass man sich gegen die Unbeherrschtheit anderer passiv verhalten muss, sozusagen die Hände in den Schoss legt. Nein, man muss Massnahmen nach besten Wissen und Gewissen dagegen treffen, die man als Gottes Willen erkennt. Etwas anderes hiesse, Gott zu versuchen. Sales sagt: „Wenn du alles getan hast, so warte mit voller Gelassenheit, ob dir Gott den Erfolg beschert. Wenn es so ist, so danke ihm herzlich; wenn aber das Übel sich stärker erweist als deine Gegenmittel, so sieh auch darin die Vorsehung Gottes und ehre ihn durch Geduld!“
Und was ist mit dem, bei dem die Unbeherrschtheit zur Charaktereigenschaft geworden ist? Eine schöne Antwort gibt dazu der kleine Katechismus des katholischen Glaubens: „Die vollkommene Reue heisst auch Liebesreue. Sie geht hervor aus dem Gedanken an die göttliche Liebe und aus der Scham darüber, diese Liebe verletzt zu haben.“
Sind Ungläubige von der Gnade ausgeschlossen? Wie wirkt sich Gnade konkret aus?
Antwort: Nein, die Ungläubigen sind nicht von der Gnade (Huld Gottes) ausgeschlossen. Sie schliessen sich selber aus, indem sie entweder nur auf ihre eigenen, natürlichen Entwicklungskräfte und Möglichkeiten bauen, oder bei der Suche nach Gott, wissenschaftlich beweisbare Fakten fordern; etwa wie der Philosoph und Mathematiker Bertrand Russell (gest. 1970), der einmal, als er gefragt wurde, was er sagen würde, wenn er sich vor dem Allmächtigen, von Angesicht zu Angesicht, wieder finden würde? Er sagte im Scherz: „O Herr, warum hast du uns nicht mehr Beweise geliefert?“ (Vgl. R. Goldstein, 2005, S.78)
B. Russel hat nicht verstanden, was der heilige Augustinus (gest. 430 n. Chr.), Philosoph, durch den Glauben erkannte, und aus dieser Erkenntnis für ihn Gewissheit wurde: „Der dich schuf ohne dich, rechtfertigt dich nicht ohne dich“. (Qui te fecit sine te, non te justificat sine te.)
Wie wirkt sich die Gnade im Alltag aus? Etwa so: Unsere Natur ist auf eine geregelte Entfaltung unserer aktiven Kräfte hingeordnet, also auf eine zielgerichtete Tätigkeit, die irgendeinem sachlich sinnvollen Zweck dient. Mag der Zweck noch so bescheiden sein, er sollte irgendwie den Charakter eines „servire“, eines Dienstes am Nächsten sein, der schlussendlich als ein Dienst am Gottesreich verstanden werden möchte. Das Fehlen einer solchen Intention deutet auf einen Selbstzweck hin (z.B. Freude am Dienen um des Dienens willens) oder auf die Entfaltung einer Eigengesetzlichkeit, weil man an Gott nicht glauben will oder kann.
Es gibt aber auch Atheisten, die sich nicht apriori (von vornherein) vor dem „Lockruf“ Gottes verschließen. Sie bringen eine gewisse Voraussetzung mit, worüber man nur staunen kann. Und zwar deshalb, weil sich diese ausgerechnet bei manchen „ Frommen“ nicht finden lässt: Nämlich, eine demütige Annahme der Worten und Taten Jesu, die sie als Wahrheit erkannt haben. Hier zeigt sich auf verborgene Weise die Wirksamkeit der Gnade und gleichzeitig ihre unaussprechlich sichtbar gewordene Schönheit. Das Beispiel des heidnischen Hauptmanns, nach dem Lukas-Evangelium (7,1-10):
Ein Hauptmann hatte einen Diener, der todkrank war und den er sehr schätzte. Als der Hauptmann von Jesus hörte, schickte er einige von den jüdischen Älteren zu ihm mit der Bitte, zu kommen und seinen Diener zu retten. Sie gingen zu Jesus und baten ihn inständig. Sie sagten: Er verdient es, dass du seine Bitte erfüllst; denn er liebt unser Volk und hat uns die Synagoge gebaut. Da ging Jesus mit ihnen. Als er nicht mehr weit von dem Haus entfernt war, schickte der Hauptmann Freunde und ließ ihm sagen: Herr, bemüh dich nicht! Denn ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst. Deshalb habe ich mich auch nicht für würdig gehalten, selbst zu dir zu kommen. Sprich nur ein Wort, dann muss mein Diener gesund werden. Auch ich muss Befehlen gehorchen, und ich habe selber Soldaten unter mir: sage ich nun zu einem: Geh!, so geht er, und zu einem andern: Komm!, so kommt er, und zu meinem Diener: Tu das!, so tut er es. Jesus war erstaunt über ihn, als er das hörte. Und er wandte sich um und sagte zu den Leuten, die ihm folgten: Ich sage euch: Nicht einmal in Jerusalem habe ich einen solchen Glauben gefunden. Und als die Männer, die der Hauptmann geschickt hatte, in das Haus zurückkehrten, stellten sie fest, dass der Diener gesund war.
Ich muss persönlich gestehen, dass es auch mir erst jetzt bewusst geworden ist, wie weit ich noch von so einem Glauben entfernt bin.
Es folgen einige Kurzantworten.
Viele reden von „Opferbringen“. Welche Opfer soll ich Gott bringen?
Antwort: Im ersten Petrusbrief (2,4-5) wird deutlich, welche Opfer Gott gefallen: „Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen…um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen.“
Zu geistigen Opfer gehören unter anderem: Beten, Danken, Loben, Singen zur Ehre Gottes, sich in die heiligen Schriften vertiefen und die stille Anbetung vor dem Tabernakel. Der Frieden, der aus einem solchen Verhältnis zu Gott entsteht, lässt nicht lange auf sich warten.
Gibt es eine Hierarchie im Himmel?
Antwort: Es ist nicht einfach diese Frage adäquat zu beantworten. Am besten übergebe ich hier das Wort der heiligen Faustyna Kowalska. In einer Eintragung in ihrem Tagebuch (Paragraph 1556), heißt es: (Auszug aus dem Originaltext, verkürzt) „Als ich kurz in die Kapelle kam, ließ mich der Herr erkennen, dass Er unter den erwählten Seelen, besonders Auserwählte hat, die Er zur höheren Heiligkeit beruft, zur außergewöhnlichen Vereinigung mit Ihm. Das sind Seelen, von denen Gott mehr Liebe verlangt als von anderen. Eine solche Seele versteht diese Aufforderung, denn Gott lässt sie das innerlich erkennen. Sie kann ihr nachgehen oder auch nicht; von der Seele hängt es ab, der Anziehung des Heiligen Geistes treu zu folgen, oder ihr zu widerstehen. Ich erkannte, dass im Fegefeuer ein Platz ist, wo Seelen diese Art von Schuld abtragen müssen; das ist die größte Qual der Qualen. Eine von Gott besonders gezeichnete Seele wird immer gezeichnet bleiben, ob im Himmel, im Fegefeuer oder in der Hölle. Im Himmel wird sie sich im Vergleich zu anderen Seelen mit größerer Ehre, Heiligkeit und tieferer Gotteserkenntnis auszeichnen; im Fegefeuer durch tieferen Schmerz, denn sie hat eine tiefere Erkenntnis und Begierde nach Gott. In der Hölle wird sie stärker als andere leiden, denn sie hat eine tiefere Kenntnis von Dem, Den sie verloren hat.“
Demzufolge gibt es eine Hierarchie der Liebe im Himmel. Sie hängt, wie oben gesehen, von der Gotteserkenntnis und Sehnsucht ab, deren“ Biotop“ aber das irdische Leben ist.
Sind emanzipierte Frauen gottesfürchtig?
Antwort: Nicht unbedingt. Oft bringt man Emanzipation mit Bildung, Forderung und Machtanspruch in Verbindung. Im zweiten Brief des Timotheus (3,7) heißt es: „Frauen, die immer lernen und die doch nie zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen können…ihr Glaube bewährt sich nicht.“
Warum wohl? Weil es ihnen an Gotteserkenntnis, beziehungsweise Weisheit fehlt. So steht es im Jesus Sirach (Kapitel, Die Krone der Weisheit): „Am Anfang der Weisheit ist Gottesfurcht…“
Gibt es eine Macht der Zunge?
Antwort: Ja, wenn man sich zum Beispiel nicht gegen die verbalen Attacken eines aggressiven Menschen, der von Eifersucht, Neid, Ehrgeiz und Machtwillen beherrscht wird, wehren kann. Der „Beschuldigte“ befindet sich in einer solchen Situation in Ohnmacht, und kann unter Umständen einen schweren seelischen Schaden erleiden.
Im Jacobusbrief (3,1-4,12) wird die Eigenart und Macht der Zunge mit einer starken Symbolkraft beschrieben: (Auszug) „Oder denkt an die Schiffe: Sie sind gross und werden von starken Winden getrieben, und doch lenkt sie der Steuermann mit einem ganz kleinen Steuer, wohin er will. So ist auch die Zunge nur ein kleines Körperglied und rühmt sich grosser Dinge…Denn jede Art von Tieren auf dem Land und in der Luft, was am Boden kriecht und was im Meer schwimmt, lässt sich zähmen, und ist vom Menschen auch gezähmt worden; doch die Zunge kann kein Mensch zähmen, dieses ruhelose Übel…Mit ihr preisen wir den Herrn und Vater, und mit ihr verfluchen wir die Menschen, die als Abbild Gottes erschaffen sind. Aus einem und demselben Mund kommen Segen und Fluch. Meine Brüder, so darf es nicht sein…“
Ist das Fegefeuer eine Legende?
Antwort: Nein, das Fegefeuer ist keine Legende. Seine Existenz ist so real, dass sich der ehemalige Papst Johannes Paul II. im Jahre 1979 genötigt fühlte, durch die Päpstliche Glaubenskongregation (kirchliche Vereinigung), ein Schreiben an alle Bischöfe der Welt zu verfassen, um darin die Lehren der Konzilen (Versammlung der Bischöfe) aus den Jahren 1274 (Lyon),1439 (Florenz) und 1563 (Trient) zu bestätigen.
In diesem Schreiben wird ausdrücklich das fortdauernde Leben der Seele nach dem Tode betont und auf ihre notwendige jenseitige Läuterung hingewiesen, wenn sie sich beim Tode im Gnadenzustand befand. Mit dem Gnadenzustand ist die Reue über die im Erdenleben begangenen Sünden gemeint, die im starken Kontrast zu Gottes Heiligkeit, Gerechtigkeit und Güte stehen. Die Sünden sind zwar vergeben, aber sie haben in der Seele Wunden zurückgelassen, gleichsam „Rostflecken“, die noch aus der Seele herausgebrannt werden müssen. Die heilige Catharina von Genua (1447-1510), auch Theologin des Fegefeuers genannt, sagt, es entsteht in der Seele eine Art Feuer („schmerzvollste Pein“), dessen Hauptursache im Wissen liegt, dass an der Seele noch etwas haftet, was Gott missfällt. Ähnlich, wie wenn man im irdischen Leben von starken Gewissensbissen geplagt wird.
Dr. Ferdinand Holböck, ein fundierter Kenner der Schriften von Catharina von Genua, formuliert es so: Die Pein besteht im „ Wissen darum, dass die Erlangung der beseligenden Anschauung Gottes, die von der Seele so glühend herbeigesehnt und ihr schon gewiss ist, durch sie selbst noch eine Verzögerung erfährt. Eigenartig ist, dass die schmerzliche Pein der Seelen im Fegefeuer nicht etwa mehr und mehr abnimmt, sondern aus der Sicht der hl. Catharina von Genua immer stärker wird, je mehr es der Befreiung aus dem Fegefeuer entgegengeht. Die immer mehr wachsende Erkenntnis Gottes, mit der wachsenden Sehnsucht Ihn zu schauen,…verstärkt den Schmerz über die Verzögerung der Anschauung Gottes.“ (1980, S. l27)
Die Seele im Fegefeuer ist der „Liebesbestrahlung“ Gottes ausgesetzt und wird von jedem Egoismus befreit. So wird sie geadelt. Sie antwortet dann mit einer immer intensiveren Gegenliebe, bis sie zur ewigen Freude gelangt und ganz von Gott „beschlagnahmt“ wird. - Für mich stellt sich noch die Frage: Kann man sich in den Himmel, ohne Fegefeuer hinein lieben? Wenn man die Lebensbiografie vieler Heiligen liest, die am Anfang ihres Heiligenlebens noch mit vielen „Rostflecken“ behaftet waren (wie die hl. Catharina von Genua auch), denke ich, Ja. Aber sie alle strebten unermüdlich nach grösserer Gotteserkenntnis, mit der zugleich auch ihre Liebe zu Gott wuchs.
Jesus sagt, wir sollen vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel. Wie geht das?
Antwort: Das ist in der Tat nicht einfach. Aber möglich; sonst hätte Jesus so was nicht gesagt. (Vgl. Matthäus 5,43-48) Nach dem heiligen Franz von Sales (geb. 1567), eine der bedeutendsten Gestalten des neuzeitlichen Christentums, hat christliche Vollkommenheit mit einer echten Frömmigkeit zu tun. Nach ihm gibt es nur e i n e echte Frömmigkeit, falsche hingegen gibt es viele. Er sagt: „Wenn du eine falsche vor Augen hast, kannst du das Opfer einer …Täuschung werden und gar Gefallen finden an einer läppischen, abergläubischen Frömmelei, dem Zerrbild wahrer Frömmigkeit.“ (Zum Beispiel Zauberei, Wahrsagerei, Prophezeiungen, die nicht mit der Lehre der Kirche übereinstimmen) Nicht selten verwechseln diese Leute die Eigenliebe mit der Gottesliebe.
Bei einer falschen Frömmigkeit liegt es nahe, dass ein jeder sich die Frömmigkeit aus seiner eigenen Weise ausdenkt, nach seinem eigenen Gutdünken, Vorstellungen und heimlichen Wünschen. Wer zum Beispiel von Natur aus schüchtern ist, könnte sich schon deshalb für fromm halten, übersieht aber die Tatsache, dass sein Herz vielleicht voll von Lieblosigkeiten, Neid, Eifersucht und dgl. ist. Oder ein anderer hält sich für fromm, weil er täglich eine Anzahl von Gebeten verrichtet, dabei ist er in seinem Bekanntenkreis und bei seinen Familienangehörigen wegen seiner aggressiven und anmassenden Art unbeliebt.
Wahre und gesunde Frömmigkeit ist nach SALES nichts anders, als eine recht verstandene Gottesliebe. Sie bringt eine gewisse Frische und Beweglichkeit mit sich, die den Betroffenen nicht nur dazu anspornt, die Gebote Gottes ernst zu nehmen, oder bei seinen Geboten stehen zu bleiben, sondern vielmehr auch auf seine Einsprechungen zu achten. Darunter versteht er die inneren Antriebe zum Guten, Mahnungen, Gewissenbisse, Inspiration zum Lesen in der Heiligen Schrift usw.
Natürlich erfahren die echt Frommen auch viel Bitteres. Trotzdem strahlt ihr Inneres eine geheimnisvolle milde Kraft aus, die eindeutig zeigt, dass sie sich auf dem Weg zur Vollkommenheit befinden.
Man sagt, die Wahrheit wird uns frei machen. Können Sie uns ein Beispiel dafür geben?
Antwort: Es geht hier nicht um philosophische oder psychologische, von Menschen gemachte Satzungen über die Wahrheit, die zwar in vieler Hinsicht das Selbstwertgefühl stärken und dazu verhelfen, unseren Verstand zu schärfen, auch nicht um die Fähigkeit, rationale Ordnung zwischen unseren Gedanken herzustellen, sondern um eine übernatürliche Freiheit, die JESUS schenkt. Sie äussert sich konkret in einem inneren Frieden, den nur Gott geben kann. Darum sagt Jesus in seiner Abschiedsrede (Joh. 14,24): „Den Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“. (Pacem relinquo vobis, pacem meam do vobis)
Diese übernatürliche Freiheit setzt voraus, dass man sich nichts mehr ersehnt, als in seine Nachfolge zu treten, keine Schande um seinetwillen scheut und Eins-werden-Wollen mit seinem Denken, Fühlen und Handeln. Etwa so, wie es in der Gründonnerstagsliturgie, Fusswaschung, 1. Antiphon (Wechselgesang) heisst: „Eins sind wir geworden durch die Liebe Christi“ (Congregavit nos in unum Christi amor) Die Kraft dazu kommt von Jesus selbst. Er sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh.14,6)
Können wir das? Ich denke, wenn man an seine ersten Jünger schaut, unter welchen Gefahren sie zu Ihm hielten, seine Lehre lebten und lehrten, könnten wir es wagen. So berichtet zum Beispiel der Kirchenvater und kirchliche Schriftsteller HEGESIPPUS (im ersten Jahrhundert nach Christus), wie die Christen unter der Verfolgung des römischen Kaisers DOMITIAN für ihren Glauben Zeugnis ablegten: (Auszug aus dem Originaltext) „Sie kamen nun und erhielten als Bekenner führende Stellungen in der ganzen Kirche. Nachdem tiefer Friede in der ganzen Kirche eingetreten war, lebten sie noch bis zur Regierung des Kaisers Trajan, bis zu jener Zeit, da der oben erwähnte Symeon, der Sohn Klopas, von den Häretikern als Vetter des Herrn angegeben und unter dem Prokonsul Attikus aus eben diesem Grunde vor Gericht gestellt wurde. Trotzdem er viele Tage lang gemartert wurde, blieb er standhaft im Glauben, so dass alle, und auch der Prokonsul sich wunderten, wie ein Mann von 120 Jahren solches aushalten konnte. Sodann befahl man, ihn zu kreuzigen“. Siehe hierzu mehr bei Eusebius von Caesarea (260-340), Kirchengeschichte.
Nach der heiligen Katharina von Siena (1347-1380) ist so eine Standhaftigkeit nur aus Liebe zur Wahrheit möglich. So schreibt sie an Kardinal Peter Messer Simon von Luna Ende April 1378: (Auszug) „Ich wünsche in Ihnen einen feurigen Liebhaber der Wahrheit zu sehen, die uns frei macht. Schliesslich vermag ja niemand etwas gegen die Wahrheit. Man kann sie aber nicht ganz vollkommen besitzen, wenn man sie nicht kennt, weil man sie ja dann nicht lieben kann“. Doch, so sagt sie weiter, „das Auge des Glaubens“, erkennt diese Wahrheit. (Vgl. Politische Briefe)
Ist Heiligkeit eine Schwerarbeit?
Antwort: Ja und Nein. Ja, weil der Weg zur Helligkeit einerseits eine Anpassung an die Lehre und Leben Christi erfordert, anderseits ist sein „Joch“ leicht. JESUS sagt: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht“. (Matthäus, 11-30)
Die Anpassung an die Gestalt Christi ist kein einfacher Prozess, denn sie verlangt etwas, das nur schwer zu erfüllen ist: Die Selbstverleugnung. So sagt Jesus im Lukas-Evangelium (9,23): „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“.
Mit der Selbstverleugnung ist hier nicht eine psychologische Kategorie gemeint, wie etwa Selbstverachtung, fehlendes Selbstbewusstsein oder das Aufgeben der eigenen Identität (Gott zerstört die Persönlichkeit nicht), sondern die Bereitschaft für Jesus zu leiden und für den Glauben Opfer zu bringen. Das ist möglich, weil, wie der heilige Augustinus (gest. 430 n. Chr.) sagt, der Mensch ist in seinem tiefsten Wesen nach auf Gott hin komponiert. „Du hast uns zu dir hin geschaffen“. (Fecisti nos ad te)
P.OTT (1940) erklärt in diesem Zusammenhang: „Nur indem wir Christus anbetend lieben, können wir in ihm einbezogen werden. Dieses übernatürliche Leben wächst nicht von selbst, ohne unser Zutun. Es kann sich nur voll entfalten, wenn Christus zum Mittelpunkt unseres Lebens wird“. Damit meint er die Hingabe. – Die Voraussetzung dafür ist eine „Karriere nach unten“ zu wagen, die heutzutage eine Antithese zur „Karriere nach oben“ bildet. Tönt aus diesen Worten nicht eine Aufforderung nach einer ungesunden Lebensgestaltung? Keineswegs! Der Hochschulprofessor Henri NOUWEN (1932-1996) hat zum Beispiel sein aktives Leben mit den Erfahrungen der Stille, des Gebets und der Einsamkeit authentisch verbinden können. In einem Interview (1992) sagt er, worauf es ihm ankommt: (Auszug) „Ich bin nicht darauf aus, Menschen zu bekehren…Viele Menschen haben Kontakt zu mir, die absolut kein Gespür für Gott haben, und die ich tief liebe und die mich lieben. Ich meine also nicht, dass jemand kein guter Mensch ist, wenn er nicht an Gott glaubt…Menschen suchen nach einer grösseren Schönheit, nach tieferen Sinn des Lebens. Der menschliche Geist ist so.“
H. Nouwen ist nicht der Versuchung erlegen, sich in der eigenen Professionalität und Identität zu verfangen. Seine Denkart war nicht, wie: „Ich bin, was ich tue,“ „Ich bin, was andere über mich sagen,“ „Ich bin, was ich besitze,“ „Ich bin, worauf ich Einfluss habe.“ Weil er die Demut und Güte praktizierte, war seine „Last“ nicht schwer.
Ist der Glaube an sich selbst unchristlich? Jesus verlangt Selbstverleugnung.
Antwort: Zum Erfolg gehört auch, dass man an sich selbst glaubt. Auch ein Demütiger glaubt an sich selbst, aber anders als derjenige der sich selbst überschätzt. Das kann auch bei einem Präsidenten einer theologischen Hochschule passieren. Robert L. (Bob) Deffinbaugh (Dallas), ein Pastor, berichtet: (Auszug)
Vor einigen Jahren stand in der Zeitung ein Bericht über eine Rede, die der Präsident einer theologischen Hochschule vor einer Gruppe von einflussreichen Geschäftsleuten und politischen Führungspersonen gehalten habe. Der Präsident sprach über ein Erlebnis, das er – ebenso wie seine Zuhörer und der Zeitungsreporter – lustig fand. Der Präsident war während der Vorweihnachtszeit einkaufen gegangen und an einer Frau der Heilsarmee vorbeigekommen…Als er stehen blieb, um eine Spende zu geben, fragte ihn die Frau von der Heilsarmee:“Sind Sie gerettet Sir?“ Er erwiderte ihr, na ja, er würde davon ausgehen; sie aber war damit nicht zufrieden und fragte nach: „Ich meine, haben Sie schon Ihr ganzes Leben dem Herrn übergeben?“ An diesem Punkt, so erzählte der Präsident seinen Zuhörern, glaubte er diese hartnäckige Person, doch einmal darüber aufklären zu müssen, wer er eigentlich war: „Ich bin der Präsident von der und der Universität und als solcher auch der Präsident von deren Theologischen Fakultät.“ Die Frau dachte einen Augenblick nach, dann erwiderte sie: „Es kommt nicht darauf an, wo Sie gewesen und wer Sie sind – Sie können trotzdem gerettet werden.“ (2005)
Das Tragische an dieser Geschichte ist, dass sowohl der Präsident als auch seine Zuhörer das Ereignis amüsant fanden. Wie hätte wohl NIKODEMUS, ein hoch- angesehener Schriftgelehrte und ein Mitglied des „Sanhedrin“ (die höchste gesetzgebende richterliche Körperschaft während der Zeit JESU), auf die Frage der Frau von der Heilsarmee reagiert? Wahrscheinlich zurückhaltend und fragend, etwa wie in einem nächtlichen Gespräch mit Jesus. (Auszug aus dem Johannes Evangelium, 3,1-13):“ Jesus: „Wundere dich nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weisst aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist. Nikodemus erwiderte ihm: Wie kann das geschehen? Jesus antwortete: Du bist der Lehrer Israels und verstehst das nicht? Amen, amen ich sage dir: Was wir wissen, davon reden wir, und was wir gesehen haben, das bezeugen wir…Wenn ich zu euch über irdische Dinge gesprochen habe und ihr nicht glaubt, wie werdet ihr glauben, wenn ich zu euch über himmlische Dinge spreche?“
Derselbe Nikodemus kam dann nach der Kreuzigung Christi zu seiner Bestattung. Mit Josef aus Arimathäa nahm er den Leichnam Christi vom Kreuz ab, brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe mit (wohlriechende Salben) und salbte Jesus zum Begräbnis - Damit gab er ein starkes Zeugnis für die Lehre Christi und gleichzeitig bezeugte er auch, was Christus mit Selbstverleugnung meint.
Ich bete viel, trotzdem falle ich immer wieder in meine alten Fehler zurück. Warum?
Antwort: Wahrscheinlich liegt es daran, weil Sie zwischen zwei Strebungen hin- und hergezogen werden. Einerseits wollen Sie Gott gefallen, anderseits auch Ihre Alltagsbedürfnisse, die nicht im Einklang mit Gottes Geboten stehen, befriedigen. In theologischer Sprache nennt man das „lässliche Sünden“, an die man sich aber unbewusst schnell gewöhnen kann. (Kleine Lügen, schlecht reden über andere, vorurteilhaftes Denken, Neigung sich aufzuregen, bevor man prüft, worüber man sich ärgert, schlechte Laune auf andere zu übertragen, Eitelkeiten aller Art, usw.) Diese kleine Fehlhaltungen des Alltags, können, wenn sie zur Gewohnheit werden, das religiöse Leben beeinträchtigen und, wie es im Kleinen Katechismus steht, zu schwereren Sünden führen. (Vgl.www.apostolat.de)
Es ist aber ein Trost, zu wissen, dass auch grosse Heilige, wie zum Beispiel die Teresa von Avila (geb. 1515) vor solchen „Attacken“ nicht gefeilt waren. Schonungslos berichtet sie in ihrem frühesten Werk „VIDA“ ihren Werdegang zum ersehnten Fortschritt. Sie schreibt unter anderem: „Mir gefielen alle religiöse Übungen wohl; jedoch war mir alles unerträglich, was mir als Herabsetzung erschien. Es behagte mir, hochgeschätzt zu werden. Alle meine Aufgaben führte ich eifrig durch. Alles schien mir Tugend. Das kann mich freilich nicht entschuldigen, da ich in allem meine Befriedigung suchte…“
Und an einer anderen Stelle: „Tiefes Vergnügen fand ich in allem Göttlichen, gefesselt war ich vom Weltlichen. Es war, als wollte ich diese zwei feindlichen Gegensätze zusammenzwingen…So konnte ich mich nicht in mir selber einschliessen, in jener Sammlung, worin meine ganze Gebetsweise bestand, ohne zugleich mit mir tausend Eitelkeiten einzuschliessen. Auf diese Weise verbrachte ich viele Jahre.“ (Hinweis: etwa zwanzig Jahre) - Sodann berichtet Teresa von Avila von ihren Seelsorgern, die, wenn auch ungewollt, sie (Teresa) fehlerhaft geleitet haben: (Originaltext) „Jene Halbgelehrten haben mich nicht absichtlich irregeführt; sie wussten es eben auch nicht besser…Lässliche Sünde war nach ihnen überhaupt keine; schwere Todsünde nannten sie lässlich…Solches konnte mich vor Gott nicht entlasten; es hätte mir genügen sollen, dass etwas an sich nicht gut war, um mich davor zu hüten.“
Natürlich können wir nicht alle „lässlichen Sünden“ ausrotten. Bis zuletzt haben auch fast alle Heiligen etwas zu beichten gehabt. Aber was wir können, ist, dass wir JESU Gebote liebend beobachten. Ich sage deshalb liebend, weil einzig diese Einstellung hat die Kraft, sein göttliches Wirken auf uns herabzuziehen. Ein Wirken, das fähig ist und will, alles Schädliche an unserer Seele und in unserem Verhalten zu korrigieren.
Wie spürt man den Unterschied zwischen den Frieden Gottes und einen andersartigen Frieden?
Antwort: Jeder, der vernünftig mit einer Aufgabe, egal welcher Art beschäftigt ist, die er gerne tut, arbeitet in einer Atmosphäre des Friedens. Er ist gesammelt, seine geistige Kraft fliesst in seine momentane Tätigkeit. So ergeht es auch den Ungläubigen, darin unterscheiden sie sich nicht von Frommen. (Vgl. Thomas Merton, 1956)
Ein Beispiel aus der Geschichte der Philosophie: Ludwig Feuerbach (1804-1872), Vater des atheistischen Gedankengutes, hatte sich mit 25 Jahren, nach seiner Promotion in eine Wohnung zurückgezogen, um sich ganz der Wissenschaft zu widmen. Dort gefiel es ihm sehr. In einem Brief schreibt er: „Eine so ruhige, von Natur umgebene Wohnung, wie meine jetzige,…mittags mässiges Essen, abends ein Krug Bier…wenn ich das immer so beisammen hätte, so wünsche ich mir nie mehr von der Erde.“ Doch dann setzten Schwierigkeiten ein, womit er nicht gerechnet hat. Eine Stelle an der Universität (Erlangen) bekam er nicht. Auch sonst schwanden seine Aussichten auf eine akademische Karriere. Nichts will gelingen. Auch eine Übersiedelung nach Paris brachte nichts. Alle Bemühungen waren umsonst. So schreibt er resigniert, er lebe „in suspenso, wie einer, der am Galgen hängt“ (Vgl. Wilhelm Weischedel, 1973, S. 239)
Man sieht’s: Der Schein nach Glücks- und Friedensbefindlichkeit trügt. Es scheint aber auch, dass wir ein geistiges Gesetz in uns tragen, der uns drängt, nicht bei gegenwärtigen Aufgaben stehen zu bleiben, sondern nach einem tieferen Frieden zu suchen. Jeder vernunftbegabter Mensch spürt das. Sicher: Arbeit beschäftigt Leib und Seele und ist notwendig zur geistigen Gesundheit. Sie kann uns helfen, um uns zu sammeln, und diese Art der Sammlung ist, Ruhen bei sich. Aber das ist noch kein Ruhen in Gott. – Dazu ist das Gebet notwendig. In ihm können unsere vielfach unbewusst verankerten, unlauteren Absichten „aktualisiert“ (wiederbelebt) werden; ja uns richtig durchschütteln, aber schlussendlich einen inneren Frieden bewirken. Gelegentliche Kirchenbesuche und das „Herunterhaspeln“ (MERTON) eilig verrichteten Gebete, haben natürlich nicht die Kraft die unlauteren Absichten zu reinigen. Auch dann nicht, wenn wir uns für eifrige, durchgeistigte Verfechter für die Ehre Gottes halten. MERTON sagt, warum: „Wer kann beschwören, dass seine Absicht ganz lauter sei, bis hinunter in die unbewusste Tiefe seines Wollens, wo alte, selbstsüchtige Motive sich behaglich tummeln, wie vergessene Seeungeheuer in Gewässern, in denen sie nie sichtbar werden?“ (1956, S. 111)
Wenn wir also, das in uns lebendige Gesetz (der Liebe) zum Wachstum bringen, werden wir stets mehr zum Frieden geneigt sein als zum Streit, mehr zu Demut, Mässigkeit und Versöhnung, als zu Uneinigkeit und Spaltung. Kurz gesagt: zu einem Frieden, der uns JESUS als Vermächtnis hinterlassen hat. (Johannes 14,24)
Wie ernst steht es mit dem Ende der Welt?
Antwort: Diese Frage muss ich an den Journalisten Peter Seewald weitergeben, der im Jahre 2010 mit dem emeritierten Papst Benedikt XVI. ein Interview (sechs Stunden lang) durchführte. Die Botschaft Benedikts, so Seewald, ist ein dramatischer Appell an Kirche und Welt, an jeden Einzelnen. Benedikt sagt: „Wir können unmöglich weitermachen wie bisher. Die Menschheit stehe an einem Scheidepunkt. Es sei Zeit für Besinnung. Zeit für den Wechsel. Zeit für Umkehr. Es gibt so viele Probleme, die alle gelöst werden müssen, die aber alle nicht gelöst werden, wenn nicht im Zentrum Gott steht und neu sichtbar wird in der Welt.“ – An dieser Frage, „ob Gott da ist – der Gott Jesu Christi – und anerkannt wird, oder ob er verschwindet, entscheide sich heute, in dieser dramatischen Situation, das Geschick der Welt.“
Peterwald zu Benedikt: „Wir wissen nicht, wann es sein wird, aber wir wissen dem Evangelium zufolge, dass es sein wird. ‚Wenn der Menschensohn kommt und alle Engel mit ihm‘, so heisst es bei Matthäus, ‚dann wird er sich auf dem Thorn seiner Herrlichkeit setzen.‘ Er werde die Menschheit scheiden, so wie ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet. Den einen werde er sagen: ‚Nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist.‘ Den anderen aber: ‚Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer.‘ – Sind diese Dinge nur symbolisch gemeint?
Benedikt: „Natürlich nicht. Es ist ein wirkliches Gericht, das da gehalten wird. Als ein, sagen wir, vorletztes Gericht kommt dieses Gericht ja immer auch bereits im Tod auf den Menschen zu. Das grosse Szenario…mit den Schafen und Böcken, ist ein Gleichnis für das Unvorstellbare. Wir können uns ja diesen unerhörten Vorgang nicht vorstellen; dass nun das ganze Kosmos vor dem Herrn steht, die ganze Geschichte vor Ihm steht. Es muss in Bildern ausgedrückt werden, in denen wir es ahnen können. Wie das optisch aussehen wird, entzieht sich unserer Vorstellungskraft. Aber, dass Er der Richter ist, dass ein wirkliches Gericht stattfindet…dass dann eben auch die Möglichkeit der Verwerfung besteht,…das ist sehr wichtig. Heute tendieren Leute dazu, zu sagen, na ja, so schlimm wird das alles schon nicht kommen. Am Schluss kann Gott wohl kaum so sein. Nein, er nimmt uns ernst. Und es gibt die Tatsache der Existenz des Bösen, das bleibt und verurteilt werden muss…“
Peterwald: „Vor 14 Jahren fragte ich Sie, ob es sich überhaupt noch lohnt, auf dieses schon ein wenig altersschwach erscheinende Schiff Kirche aufzusteigen. Heute muss man fragen, ob dieses Schiff nicht mehr und mehr einer Arche Noah ähnelt. Was meint der Papst? Können wir uns aus eigener Kraft auf diesem Planeten überhaupt noch retten?
Benedikt: „ Aus eigener Kraft kann der Mensch ohnedies die Geschichte nicht bewältigen. Dass der Mensch gefährdet ist und sich und die Welt gefährdet, wird heute gleichsam auch durch wissenschaftliche Belege sichtbar. Er kann nur gerettet werden, wenn in seinem Herzen die moralischen Kräfte wachsen; Kräfte, die nur aus Begegnung mit Gott kommen können; Kräfte, die Widerstand leisten.“ – Es geht darum, „gottfähig“ zu werden.
Aber wie wird man „gottfähig“? - Die begnadete Maria Anna Lyndmayr (1657-1726), die 55 Jahre in der Welt lebte bevor sie in ein Kloster trat (heute Dreifaltigkeitskirche in München, und wo sie noch 14 Jahre lebte), sagt es. Durch eine innere Eingebung Gottes, vernimmt sie die folgenden Worte: „Sag es dem Volk, dass ich die ganze Welt strafen werde. Alle Städte, Märkte, und Dörfer, alle Häuser und Einwohner nach dem Mass der Sünde. Sag, dass kein Fasten und kein Beten als Versöhnung angenommen wird, sondern nur die wahre Besserung des Lebens, die Haltung meines Gesetzes und des göttlichen Wortes. Sag, der Glaube ohne Werke ist tot, und wenn sie ihr Leben lieben, müssen sie sich bessern.“ (Vgl. Bonifacius Günther OCD, 1976)
Ich denke, sowohl der emeritierte Papst Benedikt, als auch Maria Anna Lyndmayr sprechen klare Worte, über die man nachdenken sollte.
Wo beginnt Heiligkeit?
Antwort: Heiligkeit (im Hebräischen „kadosch“, kommt vom Heiligkeit Gottes), ist zunächst eine Wesensart, die das Gute sucht und das Böse zurückweist. Eigene Anstrengungen, Bussübungen oder moralisch einwandfreies Leben machen noch nicht heilig. Vielmehr ist Gott der heiligt, zum Beispiel durch sein Wort, Segen, Weihe und andere sakralen Einwirkungen.
Heiligkeit beginnt nach meiner Auffassung dort, wo sich eine Person nach Gott sehnt, ihre Fehler einsieht, Reue zeigt, fest entschlossen ist sich zu bessern und trotz Niederlagen nicht aufgibt. Die Alltäglichkeit ist dabei der springende Punkt, so Léon BLOY (1846-l917), einer der wichtigsten katholischen Schriftsteller, genannt „katholischer Realist“. Er sagt: Der Kampf um die Heiligkeit wird nicht ausgetragen als eine fortschreitende Veredelung, ein langsames „Entschweben“ in die moralische Perfektion (Bloy nennt das Entmenschlichung), im Gegenteil; er ist ein „Einwachsen ins Menschliche, eine tägliche Schlammschlacht mit den Widrigkeiten des Alltags. Unser Heil erstreiten wir uns nicht irgendwann, sondern heute, allerspätestens morgen.“ (Ce qui m’arrive demain et aussi caché aussi grave que ce qui m‘arrivera après la mort.)
In seinen Tagebüchern hat BLOY unfrisiert Eintragungen über sein entbehrungsreiches Leben aufgezeichnet, die bis in die banalen Abgründe meist nicht bezahlter Weinrechnungen hinab reichen. Darum sind seine Tagebücher ein authentisches katholisches Dokument. „Es geht immer um den Kampf der menschlichen Seele, die versucht, sich dem zähen Schlamm des Irdischen zu entwinden und sich zu ihrem Schöpfer emporzuheben; dabei immer wieder scheiternd und in sich zusammenfallend, aber niemals verzweifelnd.“
Die einzige Waffe, um diesen Kampf zu bestehen und das Einzige, dessen der Mensch wirklich bedarf (so Bloy), sind die Sakramente und das Gebet. Sie sind Leitplanken zur Heiligkeit und notwendig zur Heiligung des Alltags. Die Hoffnung, selbst einmal ein Heiliger zu werden, war für BLOY kein Konzept eines überbordenden Optimismus, denn er war sich seiner eigenen Unfertigkeit bewusst. Doch ohne dieses Wissen sähe sich BLOY einem falschen Weg ausgeliefert, der ihn dem Hochmut, dem Stolz, dem Übermut und dem Egoismus ausliefern würde. (Vgl. Alexander Pschera, 2016, S. 24-34)
Ich kenne Frauen, Männer, Ordensleute, Priester und einige Theologen, die seit vielen Jahren still diesen Weg gehen. Sie befinden sich, ohne es zu wissen, bereits auf dem Weg zur Heiligkeit. Die Begegnung mit ihnen vermittelt eine Atmosphäre des Friedens und Gelassenheit, die zum Nachahmen einlädt.
Kann Bildung ein Hindernis zum Glauben sein?
Antwort: Ja, wenn sie eine berauschende Wirkung entfaltet, die die Frage nach Gott überflüssig macht. Eine solche Haltung ist manchmal mit einem Enthusiasmus verbunden, die sogar bizarre Formen annehmen kann. Im Folgenden ein aktuelles Beispiel aus dem Gebiet der astronomischen Forschung: (Auszug)
Der Wissenschaftsjournalist Marco Evers, sprach mit dem deutschen Astronom Alexander SCHOLZ (4l), Leiter am Observatorium der schottischen University St. Andrew, über seine Suche nach Ausserirdischen. Scholz bezeichnet sich als einen Agnostiker. (Agnostiker vertreten die Ansicht, dass Gott nicht erkennbar ist)
Evers: Wenn auch nur eine weitere hoch entwickelte Zivilisation in unserer Galaxie existierte, hat der berühmte Physiker Enrico Fermi einst vorgerechnet, müsste sie längst unsere Nachbarschaft kolonisiert haben. Also: Wo sind die Ausserirdischen?
Scholz: Ich denke, dass es nicht mehr lange dauert, bis wir den Nachweis von Leben ausserhalb der Erde erbringen. Wir werden eine Vielzahl erdähnlicher Planeten entdecken, deren Atmosphären systematisch nach Gasen absuchen, die Rückschlüsse auf Leben erlauben. In zehn, zwanzig Jahren wissen wir mehr.
Evers: Sollen wir nach Mikroorganismen in unserer Umgebung suchen oder lieber nach Intelligenz ganz weit weg?
Scholz: Nach beiden natürlich! Die Suche würde die Möglichkeit eröffnen, dass das Leben nicht nur auf der Erde entstanden ist. Dies würde noch übertroffen vom Nachweis intelligenten Lebens. Eines Morgens wachen wir auf, und über uns schweben grosse, gelbe Ufos. Das ist die unwahrscheinlichste Variante, denn die Menschheit würde das vielleicht nicht überleben. Wahrscheinlicher ist, dass bei einer systematischen Suche nach extraterrestrischer Intelligenz, wiedeholt ein Signal gefunden wird. Noch grösser ist aber die Chance, dass solch ein Signal im Rahmen eines Forschungsprogramms auftaucht.
Evers: Und da laufen dann plötzlich grüne Männchen durchs Bild?
Scholz: Nein, man fände eine Anomalie, also etwas, was nicht erklärbar ist. (Scholz erklärt weiter) Diese Idee hat mit dem „Dyson-Sphäre“ zu tun. Sie stammt ursprünglich von einem Science-Fiction-Autor der Dreissigerjahre und wurde von dem Physiker Freeman Dyson weiterentwickelt. Sie beruht auf der Annahme, dass Zivilisationen, wenn sie grösser werden, auch immer mehr Energie benötigen. Zu Beginn verwenden sie die Energie auf ihrem Planeten, später aber ernten sie Energie eines Sterns direkt. Dyson-Sphären sind nichts anderes, als gewaltige Kraftwerke im Weltall, eine Megastruktur, die von einer ausserirdischen Zivilisation gebaut worden ist. (Vgl. Der SPIEGEL 29/2016)
Nun, ich frage mich: trübt ein solches hypothetisches Megaprojekt schlussendlich nicht den gesunden Menschenverstand? JESUS, der wahre Kenner der Seelen sagt, vielleicht auch in diesem Zusammenhang: „Über das Aussehen des Himmels könnt ihr urteilen; könnt ihr dann nicht auch über die Zeichen der Zeit urteilen?“ (Matthäus, 16,3)
Kann Kirchenmusik die Andacht vertiefen?
Antwort: Ja, sie kann! Insbesondere dann, wenn der Komponist selbst mit Gott verbunden ist. Bei Johann Sebastian BACH (1685-1750) war das stark ausgeprägt. Die Verwurzelung im christlichen Glauben war bei ihm der bewegende Moment, aus dem er die Inspiration für seine Werke holte. Bis heute singt man in fast allen Gottesdiensten sein unvergessliches „Sanctus“ (der älteste Bestandteil seiner berühmten h-moll-Messe, uraufgeführt am Weihnachten 1724), aber auch das „Agnus Dei“ (ebenfalls ein Bestandteil der „h-moll-Messe“). Der Musikwissenschaftler Martin Geck schreibt: Der Alt (es handelt sich um eine Stimmlage) singt die Bitte Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, erbarm‘ dich unser „mit der Gebärde leidenschaftlich-innigen Flehens zu einer Musik von fast überirdischer Schönheit. Das kann, so möchten selbst Kenner meinen, nur eine Originalkomposition sein.“ (2008)
BACH’s Gesamtwerk, das geistliche, wie das weltliche, ist mit seinem Glauben untrennbar verbunden. Die Musik, so erklärte er 1738 seinen Schülern, diene allein zu „Gottes Ehre und Recreation des Gemüths.“ (Zwischenbemerkung: Mit Recreation ist Entspannung gemeint) Werde diese Voraussetzung missachtet, so entstehe „ein Teuflisches Geplerr und Geleyer.“ (Originaltext) Fast alle Kompositionen unterzeichnete Bach mit Formeln, wie „Soli Deo Gratia“ (allein zur Ehre Gottes). Seine Stücke, die von biblischen Klagen, Reue, Busse, aber auch von Freude und Heiterkeit durchdrungen sind, fügte er in eine kunstvolle Ordnung zusammen. Darum kann seine Musik zu Vertiefung der Andacht inspirieren.
Und heute? Gibt es noch Komponisten oder Interpretern, die aus einer solchen Gesinnung aus Musik machen? Ja. Einer von ihnen ist der junge Russe Daniil TRIFONOW. Er zählt zu den besten Pianisten weltweit. Die Musikkritikerin der „FAZ“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) findet seine Auftritte „spektakulär“, seine „Brillanz“ und „Genialität“, machen sie „fassungslos“.
In einem Interview nahm Trifonow Bezug auf seinem Idol und Vorbild: „Jeder Künstler hat seine individuelle Vorstellung von einer idealen Musik. Für mich ist Sergej Rachmaninow vor allem ein tiefreligiöser Komponist. Der Ursprung seiner Musik liegt in Chorstücken der russisch-orthodoxen Kirche. Die sind alles andere als sentimental. Sie sind von einem sehr menschlichen Glauben geprägt. Religiosität ist die Essenz der Werke Rachmaninows. Ich bin auch gläubig, stamme aus einer christlich orthodoxen Familie.“ (Matthias Schepp und Martin Doerry sprachen mit Trifonow in seiner Moskauer Wohnung, 2016)
Woran erkennt man, was einem der Glaube bedeutet?
Antwort: An der inneren Einstellung und äusserem Verhalten. Das heisst, je besser es einem gelingt die Inhalte des Glaubens (wie Lehre, Gebote, Liturgie, Gebetsweisen) aus einem inneren Bedürfnis heraus zu verinnerlichen, desto feinfühliger, reifer und unkomplizierter wird sein Umgang mit Mitmenschen. All das ist ein Zeichen für Angezogen-Werden-durch-Gott und die daraus entspringende Freude an Menschen.
Doch wir sind keine Engel und der Weg bis dahin ist lang und mit vielen Hindernissen belegt. Der grosse russische Schriftsteller und Dichter Nikolai W. GOGOL (1809-1852) wusste authentisch darüber zu berichten. So schreibt er 1852 an seinem Freund A. Wjasemski: „Krankheit, Schwermut, Melancholie, und millionenfache Versuchungen durch den Teufel, der nur auf die Augenblicke unseres Verzagens wartet“, erschweren unsere Hingabe an Gott. Darum rät er ihm: „Um Christi Willen, beginnen Sie so schnell wie möglich eine Arbeit, die auch nur annähernd alle Ihnen von Gott verliehenen Fähigkeiten beansprucht. Wir alle sind hier Tagelöhner, verpflichtet zu arbeiten und nach oben schauen: dort ist der Lohn.“
Von dieser Sichtweise war GOGOL aber in jüngeren Jahren weit entfernt. Im Jahre 1829 suchte er die Bekanntschaft des sehr einflussreichen Nationaldichters Alexander S. PUSCHKIN (1799-1837), der ihm bei seiner Karriere helfen konnte. Zu dieser Zeit liebte Gogol die Wissenschaften allein um ihrer selbst willen und war bereit für die Kunst alle Entbehrungen hinzunehmen. Puschkin wurde sein Förderer und las seine Manuskripte regelmässig. Doch als er durch einen Duell starb (1837), brach für Gogol eine Welt zusammen. Nur mühsam kam er mit seinem Hauptwerk „Toten Seelen“ voran. 1847 findet eine Gesinnungswandlung statt. An den Freund (Aksakow) schreibt er: „Als ich sah, dass ich mit meinen ‚Toten Seelen‘ nicht zurande kommen würde, beeilte ich mich von den Fragen zu sprechen, die mich bewegten…So erschien mein voreiliges Buch oder, wie Sie meinen, unseliges Buch.“ (Zwischenbemerkung: Es handelt sich um eine Veröffentlichung seiner Gesamtkorrespondenz mit Freunden) „Es bedeckte mich mit Schande…Ja, aber für diese Schande danke ich Gott. Ohne dieses Buch hätte ich weder meine Zerfahrenheit noch meine Selbstverblendung gesehen, noch vieles von dem, was der Mensch an sich selbst nicht sehen mag“.
Nach dieser „Bekenntnis“ gewann GOGOL sein Selbstvertrauen wieder und begann an seinem Werk erneut zu arbeiten. „Ich bestehe ganz und gar aus ZUKUNFT“, schreibt er. Die Motivation dazu schaffte er aus dem Glauben: „Wer sein Werk schafft, muss fest im Sinne haben, für wen er schafft…Der Auftraggeber ist Gott und niemand sonst. Und wenn mein Gemälde vor meinen Augen zerstört würde oder verbrennte, müsste ich doch genauso gelassen sein, wie wenn es erhalten bliebe, denn ich habe nicht gebummelt, sondern gearbeitet.“ (Brief an den Maler Iwanow – 1847) – Hier wird deutlich: GOGOL hat sich auf das Wagnis des Glaubens eingelassen und es nicht bereut.
Warum haben manche Katholiken, darunter auch Theologinnen, die das Frauenpriestertum fordern, Mühe mit Gehorsam?
Antwort: Weil sie zu wenig den tieferen Wert des Gehorsams kennen. Sie fühlen sich durch Gehorchen-Müssen in ihrer Freiheit eingeschränkt, in ihrem Wollen Mitbestimmen-zu-können eingeengt und unverstanden. Da die Ungeduld eine Komponente des Ungehorsams ist (also das Gegenteil vom Gehorsam), erwecken sie den Eindruck, als ob es möglich wäre „die Bäume schneller wachsen und die Sonne schneller um die Erde kreisen zu lassen“. (P. Ott, 194O) Sie legitimieren ihre Vorgehensweise damit, dass sie sich gedrängt fühlen für eine gute Sache ihre Ideen einzusetzen.
Nun gibt es in der Kirchengeschichte viele Beispiele für die christliche Gehorsamkeit. Ein solches betrifft John Henry NEWMANN (1801-1890). Nach dem Studium der Theologie entschied er sich für den kirchlichen Dienst in der Anglikanischen Hochkirche, dann im Jahre 1845 konvertierte er zum Katholizismus. Ab 1858 leitete er die neugegründete katholische Universität in Dublin. Doch mit einem Aufsatz über den Glaubenssinn erweckte er in Rom Misstrauen. Erst im hohen Alter wurde er für seine Verdienste um die Wiederentdeckung des Katholizismus in England gewürdigt und in das Kardinalskollegium aufgenommen. 2010 hat ihn Papst Benedikt XVI. selig gesprochen.
Im Jahre 1858 wurde Newmann’s Gehorsam hart auf die Probe gestellt. Das war so: Im August 1857 bekam er einen ehrwürdigen Auftrag im Zusammenhang mit den Dekreten der Provinzialsynode (Kirchenparlament) von Westminster. Der Kardinal (Wiseman) bat ihn „in meinem eigenen und im Namen meiner bischöflichen Mitbrüder…, das lange bedachte und gewünschte Werk einer mit Anmerkungen versehenen Uebersetzung der Bibel“ zu übernehmen. Mit grosser Freude nahm Newmann das Angebot an. Danach folgte eine längere Korrespondezpause. Inzwischen sammelte Newmann einen Mitarbeiterstab und besorgte die nötigen Unterlagen. Im Dezember 1858 teilte ihm dann der Bischof von Charleston im Auftrag von Kardinal mit, dass in den USA eine Uebersetzung von Seiten katholischer Bischöfe stattfinde und dass man hoffe, Newmann sei bereit, mit dem amerikanischen Projekt zusammenzuarbeiten. In seiner Antwort wies aber Newmann auf die besondere Bedeutung einer englischen Bibelübersetzung hin und erinnerte daran, was in den Dekreten der Synode festgehalten worden war und ihm im Verlauf der Monate auch schriftlich mitgeteilt wurde. Dann gab er die Erklärung ab, dass er bereit sei, jegliche Massnahme zu akzeptieren, die die Bischöfe Englands vorsehen. Doch aus unerfindlichen Gründen hatten die von Bischofskonferenz beauftragen Männer (darunter auch Wiseman) nicht mehr weitere Schritte in dieser Sache unternommen. Newmann erhielt auch keine Antwort mehr, so dass er allmählich davon ausging, der Plan sei fallengelassen worden. (Vgl. Günter Biemer, 1989, S. 108-109)
Woher schöpfte Newmann die Kraft, um die Demütigungen und Niederlagen zu ertragen? Ich sehe es so: Aus der Substanz des christlichen Gehorsams, die ihre Vollendung in Gethsemane-Garten fand, an dem Ort, wo Christus Blut schwitzend zu seinem Vater sprach: „Nicht wie ich will, sondern wie Du willst“. Das grosse Geheimnis dieses Gehorsams ist verborgen in der Liebe zwischen dem Vater und Sohn. Und der Sohn gibt denen weiter, die danach verlangen.